Seit rund 15 Jahren läuft in Deutschland eine Kampagne zur Diskreditierung des Schulfaches Sozialwissenschaften und ähnlicher Integrationsfächer wie Sozialkunde, Politik-Gesellschaft-Wirtschaft oder Gemeinschaftskunde. Hauptakteure sind Wirtschaftsverbände, unternehmernahe Stiftungen und Lobbygruppen, einige Wirtschaftsdidaktiker und in vorderster Front das Oldenburger Institut für ökonomische Bildung.
Ziel: Trennung von Wirtschaft und Politik
Im DIW-Wochenbericht 3-2014 unterstützt Gert G. Wagner in einem Kommentar (s. u.) "den derzeitigen Standpunkt der Gewerkschaften, dass ökonomische Zusammenhänge mit politischen, sozialen, kulturellen, ökologischen, rechtlichen und ethischen Aspekten zusammen behandelt werden sollten."
Die orthodoxe und die wirtschaftsverbandsnahe Strömung der ökonomischen Bildung in Deutschland lassen sich gerne von Finanzkonzernen und Finanzlobbyisten finanzieren; beide Richtungen sind (deshalb?) von einer kritischen Finanzbildung ziemlich weit entfernt. Eine Reihe von Kultusministerien kooperiert bevorzugt mit den Anbietern von Finanzprodukten und öffnet deren Agenten weit die Türen zu den Schulen und ihren Klassenzimmern.
Karl Kollmann (Wirtschaftsuniversität Wien) setzt sich auf Telepolis im Beitrag "Ruhende Verbrauchermacht" kritisch mit der Politik und der Nachfragemacht der Verbraucher auseinander. Auch von der herrschenden Verbraucherbildung erwartet er wenig. Aktive Verbraucher und aktive Bürger gehören für ihn zusammen.
Die "Unzufriedenheit über fehlenden Realitätsbezug und inhaltliche Einseitigkeit" des ökonomischen Wissenschaftsbetrieb motiviert den Arbeitskreis Plurale Ökonomik Hamburg, als Veranstalter zum "Hamburger Wissenschaftskongress der Pluralen Ökonomik - Arbeit und Umwelt" einzuladen. Unterstützer ist u.a. das Netzwerk Plurale Ökonomik.
Im neuen iböb-Format debatte betont Peter Neumaier, dass die gegenwärtigen krisenhaften Entwicklungen ein neues Verständnis von Finanzielle Allgemeinbildung verlangen. Es reiche nicht, sich mit den Folgen der Finanzkrise für einzelne Finanzprodukte zu beschäftigen. Vielmehr müsse man sich mit den Auswirkungen auf die gesamte Lebenswelt von Jugendlichen auseinandersetzen.
Das ZDF-Fernsehmagazin Frontal 21 berichtete im April über "Schüler unter Einfluss - Lobbyisten im Klassenzimmer" (hier das Video). Der Hannoveraner Fachdidaktiker Moritz-Peter Haarmann kritisierte dort Einseitigkeiten in einem von Mitgliedern des Oldenburger IÖB verfassten Schulbuch.
Mit den in einem Brief des Oldenburger IÖB vertretenen Positionen, erhobenen Behauptungen und angewendeten Argumentationsstilen setzt sich eine Hintergrundinformation der DGB-Initiative "Schule und Arbeitswelt" kritisch auseinander.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatten ein Schreiben zur Sozioökonomischen Bildung an die Kultusministerkonferenz und die Kultusministerien gerichtet. Sie fordern unter anderem eine Prüfstelle für Unterrichtsmaterialien. Darauf hat das IÖB mit einem Brief an dieselben Adressaten reagiert.
Kontroverse Positionen präsentiert DW.de unter dem Titel "Bildung: Wirtschaftsunterricht mangelhaft" (29.04.2013). Wirtschaftsunterricht sei "an deutschen Schulen eher Mangelware. Dort, wo Ökonomie unterrichtet wird, greifen die Lehrer gerne auf Material von Verbänden und Konzernen zurück."
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Manche Themen haben derzeit internationale Konjunktur, das Wirtschaftswissen gehört dazu. Auch in der Schweiz debattiert man darüber, welches Wirtschaftswissen wichtig ist und welches wie in der Schule zu vermitteln ist. In einer Serie lässt die Basler Zeitung unterschiedliche Positionen zu Wort kommen.